Kurzgeschichten vom WSC

Clara Schnitzler (Praktikantin)

02.05.2023

 

Hier am Wolf Science Center passieren immer wieder verrückte Dinge. Um das Leben am WSC etwas besser vorzustellen, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, für diesen Blogeintrag ein paar Geschichten von unseren Tiertrainern und Pflegern zu sammeln.

Etu der Dicke

In den Anfängen des WSC konnten Besurcher:innen ein sogenanntes Fotoshooting buchen. Dieses Programm beinhaltete neben dem Besuch bei unseren Hunden und Wölfen auch eine Fütterung von Wölfen. Damit die Gäste Fotos machen konnten, wurde die Futterportion (z.B. ein Hirsch- Rehstück oder tote Hühner/Hasen) eines Wolfsrudels an einer Kette an einem Baum angebunden. Würde jedes Tier, wie ansonsten üblich, einfach ein Stück Futter bekommen, wäre die Wahrscheinlichkeit klein, dass die Fotographen in dieser Situation spannende Fotos machen können. In den spezifischen Fall waren Etu und Maikan die auserwählten und zwecks ihrer Fütterung zwei Hasen und ein Huhn mit einer Kette an einen Baum gebunden. Etu war sehr hungrig, er beanspruchte alle Futtertiere für sich und wollte partout nicht teilen. Somit landeten zwei Hasen und ein Huhn in Etus Magen. Das ist doch etwas mehr als eine normale Portion für unsere Wölfe und somit war Etu so dick, dass er nicht mehr durch die Shift zum anderen Gehege passte.

 

Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht

Auf dem Speiseplan unserer Wölfe stehen viel verschiedene Futtertiere. An einem Tag sollte es Esel zum Abendessen geben. Der Esel war bei einem Bauern aus der Nähe verstorben und um in dem Tod des Tieres noch einen Sinn zu sehen, sollte er an die Wölfe verfüttert werden. Aber unser damaliges 9er Rudel wollte bei dem Plan nicht mitmachen. Für die Wölfe war das kein Futter. In ihrer Zeit als Welpen, haben sie Esel nie als Futtertiere kennengelernt und was der Wolf nicht kennt, frisst er nicht. Nur zwei Wölfe konnten sich erbarmen vom Tier zu fressen, Apache und Cherokee. Die beiden waren nie sehr wählerisch, wenn es um Essen geht. Vielleicht sollten sich die anderen Wölfe ein Vorbild an den beiden nehmen.

 

Zappliger Leckerbissen für Kenai

Unsere Wölfe gehen gerne spazieren, denn dabei kann man immer wieder spannende Dinge erleben. Über den Urin der Feinde markieren, Rehen bei der Flucht zuschauen oder, wie hier, Kontakt zu einem Fisch aufzunehmen. Wapi ist immer gerne schwimmen gegangen. Kenai hatte andere Interessen. Er wollte gerne einen der Fische jagen und seine Bemühungen haben schließlich zum Erfolg geführt. Kenai war unglaublich stolz auf seinen Jagderfolg, als der Fisch plötzlich zu zappeln anfängt und Kenai ihn vor Schreck einfach fallen lässt. Glück für den Fisch, der zurück ins sichere Gewässer konnte.

 

Gehegereinigung mit einem Wolf

Einmal wöchentlich kann man ein besonderes Spektakel in den Gehegen der Wölfe beobachten. Menschen die, bewaffnet mit Eimer und Schaufel, nach den Hinterlassenschaften der Tiere suchen. Auch „enclosure cleaning“ genannt. Damit wir die Tiere mit den lauten, klappernden Eimern nicht stören, werden sie in ein separates Gehege zwischengeparkt und wir können mit der Suche nach Kot und Knochenresten beginnen. Bei einem Wolf jedoch, gestaltet sich das nicht ganz so leicht. Wamblee möchte sein Gehege nur sehr ungerne verlassen. Damit sich aber auch Wamblee in einem frischen Gehege wohlfühlen kann, gibt es für ihn eine Ausnahme. Trainer, die durch intensive Arbeit eine stabile Vertrauensbeziehung zu Wamblee aufgebaut haben, können mit ins Gehege und gemeinsam mit Wamblee aufräumen. Dabei ist Wamblee äußerst kooperativ. Als Corinna (Trainerin) im Gehege Kot sammeln will, läuft Wamblee los und buddelt ein altes Stück Rindfleisch aus und bringt es Corinna. Schnell dreht er wieder um und läuft im Galopp zu einer anderen Stelle, buddelt fleißig, und kommt mit einem weiteren Stück Rindfleisch zurück. Am Ende hat Wamblee Corinna drei Stücke Rindfleisch und ein abgeknabbertes Rehbein gebracht. Das Rind war wohl nicht schmackhaft genug und das Rehbein war ja schließlich schon abgeknabbert.

 

Aufopferungsvolle Vaterschaft

Die Paarungszeit der Wölfe ist von Februar bis März. Etwa neun Wochen nach erfolgreicher Paarung erblicken die Wolfswelpen dann das Licht der Welt. Hier am WSC bekommen die Wölfe keinen eigenen Nachwuchs, da unsere Männchen vasektomiert sind. Für wissenschaftlichen Studien ist es aber besonders wichtig, dass die Tiere hormonell intakt sind, daher kastrieren wir die Wölfe und Hunde nicht. Im Rückschluss bedeutet das, dass der Hormonhaushalt nach der Paarungszeit auf Welpen eingestellt ist. Die weiblichen Tiere beginnen Höhlen zu graben und fangen an zu laktieren, sie sind scheinträchtig. Darauf reagiert auch der Rüde. Um dem Weibchen mehr Energie zu geben, würgt er ihr Futter hervor. Gero, in diesem Fall, nimmt seinen Job sehr ernst. Aber das Resultat ist, dass er immer dünner wird. Um dem Ganzen entgegenzuwirken, füttern die Trainer Gero nahezu täglich, damit er genügend Reserve für sich selbst hat.